Auf welchen Grundlagen basiert die IKPT?


    Die allgemeinen psychotherapeutischen Grundlagen der IKPT stammen vorwiegend aus den klassischen und wegweisenden psychiatrischen, psychologischen und psychotherapeutischen „Schulen“. Es herrscht der Grundsatz, dass jede ernsthafte und begründete neue Erkenntnis zum Thema unabhängig von ihrer Herkunft zur immer neuen Revision von Theorie und Praxis der IKPT führen muss.

    Wichtige Autoren, mit deren Erkenntnissen die IKPT im Einklang steht:

    • Sigmund Freud (1856-1939), Wiener Neurologe und Psychoanalytiker, entdeckte die Auswirkungen unbewusster Konflikte und Einstellungen auf das bewusste Seelenleben und die Beziehungsgestaltung. Mit Hilfe der von ihm entwickelten Psychoanalyse können die unbewussten Hintergründe von psychischen Störungen und dysfunktionalen Beziehungsmustern entschlüsselt werden. Die Psychoanalyse ist nach wie vor die Basis aller modernen Psychotherapien, welche die Bearbeitung von unbewussten konflikthaften Motiven in Beziehungen bzw. „Übertragung“ und „Gegenübertragung“ einschliessen. Die IKPT befasst sich in zentraler Weise mit zirkulär-reziproken Übertragungen und Gegenübertragungen in Paarbeziehungen.

    • Donald Winnicott (1896-1971), englischer Kinderarzt und Psychoanalytiker, war ein Pionier in der Erforschung der Eigenart menschlicher Beziehungen. Er erkannte die Wichtigkeit von Phantasien, welche einen geliebten Menschen gleichzeitig als „Teil seiner selbst“ wie auch als ein „unabhängiges Objekt“ erleben lassen. Das Erleben dieses „intermediären Raums“ in der Beziehung ist eine Vorbedingung für die Idealisierung eines geliebten Menschen. Jede Verliebtheit schafft einen gegenseitigen „intermediären Raum“, welcher gleichzeitig Gefühle  intensiver Verbundenheit ermöglicht wie er auch in sich die Anlage einer destruktiven Verstrickung trägt. Die Erkenntnisse Winnicotts sind zentral für die IKPT.

    • Otto. F. Kernberg (*1928), aus Österreich stammender US Psychoanalytiker und Erforscher des  Borderline-Syndroms. Er arbeitete u.a. ein Strukturmodell des Seelenlebens aus, welches das Funktionieren der Psyche auf regressivem Niveau beschreibt. Menschen unter Beziehungsstress geraten unter gewissen Umständen auf dieses archaische Niveau und zeigen Symptome und Verhaltensweisen ähnlich von Patienten mit einer Borderline-Störung. Verstrickte Beziehungspartner neigen im Rahmen eskalierender Konflikte in typischer Weise zu Regressionen, welche zu vorübergehenden Erlebens- und Verhaltensweisen führen, die dem klinischen Bild von Borderline-Patienten ähnlich sind. IKPT Therapeuten/innen sind sich der Unterschiede zwischen Verhaltensweisen gesunder Personen auf dem Borderline-Niveau und echten Borderline Störungen bewusst.

    • Salvador Minuchin (*1923), aus Argentinien stammender US Familientherapeut, Jay Haley (*1923), US Familientherapeut und Mara Selvini Palazzoli (1916-1999), italienische Psychiaterin und Familientherapeutin, untersuchten psychiatrische, psychologische und psychosomatische Probleme im sozialen Kontext. Lösungen können durch Analyse und Veränderung der Beziehungen im familiären Kontext gefunden werden (strukturelle und systemische Familientherapie). Die Ausweitung des therapeutischen Brennpunkts auf ein System von Beziehungspartnern ist eine der Grundlagen jeder Paar- und Familientherapie. Die IKPT unterscheidet sich von den klassischen familientherapeutischen Modellen dadurch, dass sie in erster Linie auf die Zweierbeziehung hin orientiert ist und schwerpunktmässig die Interaktion der je persönlichen unbewussten Schicht der Beziehungspartner als „System“ bearbeitet.

    • Paul Watzlawick (1921-2007), aus Österreich stammender  US Kommunikationstheoretiker und Psychotherapeut, betonte die Gleichzeitigkeit von Sach- und Beziehungsaspekten in jeder Kommunikation. Inhaltliche Aussagen sind in ihrer Bedeutung immer (mit)bestimmt von der Art der Beziehung der Kommunikationspartner. Menschliche Kommunikation, ob symmetrisch oder komplementär, verläuft immer kreisförmig, vermeintliche „Anfänge“ werden durch die Partner willkürlich durch „Interpunktion“ gesetzt. Die Anwendung dieser Erkenntnisse auf die Zweierbeziehung ist ein integraler Bestandteil der IKPT.

    • Aaron T. Beck (*1921), US Psychiater und Psychoanalytiker, begründete die Kognitive Verhaltenstherapie CBT der Depression, nachdem er erkannt hatte, dass die Störung die Folge falscher psychischer Einstellungen und Betrachtungsweisen, automatischer Gedankengänge und von Denkfehlern war. Durch Verzerrung der subjektiven Sicht der Realität werden Wahrnehmungen und Interpretationen fehlerhaft und helfen die Störung aufrecht erhalten. Die Bearbeitung der Verzerrungen der Kognition ist zentraler Bestandteil der IKPT. Im Gegensatz zur CBT untersucht die IKPT in erster Linie die als typisch erkannte, unbewusste, hintergründige und zirkuläre Logik der gegenseitigen Wahrnehmungsverzerrungen von Partnern einer Liebesbeziehung.

    • Harry Stack Sullivan (1892-1949), US Psychoanalytiker, Begründer der Interpersonellen Psychotherapie IPT, beschrieb die Entwicklung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit sich immer wiederholenden gleichartigen und stabilen Mustern, welche sich in interpersonalen Situationen abbilden. Menschliche Beziehungen können als Prozess innerhalb eines „Feldes“ interaktional ausgedrückter Kräfte verstanden werden. Diese Auffassung deckt sich in vielem mit der IKPT, welche diese „Kräfte“ als psychologisch verstehbare Motive der Beziehungspartner deutet.

    • Martin Seligman (*1942), US Psychologe, befasste sich mit der „erlernten Hilflosigkeit“ und stellte der defizitorientierten psychologischen Orientierung die Betonung der Ressourcen gegenüber. Die IKPT kann sich bei der Behandlung „erkrankter“ Liebesbeziehungen auf die grösstmögliche Ressource stützen: Die auch nach langen Krisenzeiten häufig immer noch überraschend lebendige Motivation für die gemeinsame Beziehung.

    • Hanscarl Leuner (1918-1996), deutscher Psychiater und Psychoanalytiker, untersuchte die therapeutische Wirkung von Imaginationen und entwickelte die psychoanalytisch fundierte Katathym-Imaginative Psychotherapie KIP. Emotionsnah gestaltete, nicht willentlich gesteuerte  Imaginationen, welche alle Sinnesmodalitäten ansprechen können, geben Aufschluss über die unbewusste Dynamik und ermöglichen eine direkte Bearbeitung symbolisch ausgedrückter emotionaler Einstellungen. Modifizierte Techniken der KIP finden breite Verwendung in der IKPT.

    • Jürg Willi (*1934),  Zürcher Psychiater und Paartherapeut, ist ein Pionier der Paartherapie. Er stellte im gemeinsamen Rorschachtest von Paaren eine überraschende Passung von neurotischen Dispositionen fest und entwickelte in der Folge (1975) das „Kollusions“-Konzept (regelhafte Interaktionen des beiderseitigen Unbewussten), welches international berühmt  wurde. Seiner Stärke und Anschaulichkeit als Theorie stand dem Konzept aber gleichzeitig eine recht enge und stereotype, wenig überzeugende therapeutische Umsetzbarkeit gegenüber (1978). Willi wandte sich später anderen Schwerpunkten in der Paartherapie zu. Das Kollusionsmodell ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die Entwicklung der IKPT.

    • Luc Ciompi (*1929), ursprünglich aus Italien stammender Schweizer Psychiater und Erforscher von Psychosen. Er beschrieb die engen Zusammenhänge zwischen je verschiedenen Affekten und den zugehörigen Kognitionen. In seinem Konzept der „Affektlogik“ arbeitete der die emotionalen Grundlagen des Denkens heraus (1982 und 1997). Die „affektlogische“ Auffassung einer durch gefühlsmässige Bedeutungen bestimmten modularen Struktur und einer überblickbaren Selbstorganisation des Beziehungsgeschehens fusst auf seinen Konzepten. Seine Modelle erleichtern in Verbindung mit psychoanalytischen Erkenntnissen eine klare Strukturierung unbewusster Beziehungsvorgänge.

    • Karl Grammer (*1950), aus Deutschland stammender österreichischer  Verhaltensbiologe, befasst sich mit biologischen Aspekten der Partnerwahl, insbesondere mit gegenseitigen Signalen der Verführung und Anziehung. Seine Erkenntnisse ermöglichen der IKPT direkte Analysen und Interventionen im Erotischen Bereich (Innere Struktur).

    • (Neurobiologie)